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Paul Schuster –der Gründer 1893-1968
Schwer verwundet beendet Paul Schuster den ersten Weltkrieg und kehrt aus dem Lazarett Berlin Johannistal nach Hause. Lohn des Vaterlandes ,das Eiserne Kreuz erster Klasse.
Die Not in Deutschland war groß aber man fand auch in schwerer Zeit Arbeit. Er bekam eine Anstellung im Lauchhammerwerk als Elektromonteur. Später kam die Arbeitslosigkeit .Es musste etwas geschehen. Seine Frau Martha und seine Töchter Johanna, Annemarie und Renate halfen wo es ging. 1930 begann er eine Werkstatt für Elektroinstallation und Fahrradreparatur einzurichten. Dazu wurde eine Wohnstube als Ladengeschäft eingerichtet.
Obwohl es in Mückenberg schon zwei Fahrrad –Werkstätten gab gelang es in kurzer Zeit sich durchzusetzen und die Nr. 1 zu werden. Neben seinem Beruf war Paul Schuster Trainer der Handball-Damenmannschaft und erster Vorsitzender von Fortuna Mückenberg . Diese Mannschaft gewann ihr erstes „Fußballwettspiel“ am 31.Oktober 1909 gegen “ Frisch auf “ Bockwitz 3:1.
Doch die Arbeit wurde nicht vernachlässigt. Es musste ja auch Geld verdient werden und finstere Wolken am Himmel kündigten einen neuen Krieg an und die Not war groß. Als Kriegsversehrter wurde er zwar nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen, er brauchte auch keine Autobahnen bauen.
Die Arbeit wurde auch immer weniger. In dem gegenüberliegendem Schloss und in der Kirche wurden elektrische Kleinanlagen repariert. Auch bei den Bewohnern rund ums „Städtchen“ wurde seine Arbeit geschätzt. Paul Schuster wurde zum Volkssturm eingezogen.
Es wurden Panzersperren gebaut. Auch die Zollhausgasse 6 war davon betroffen. Direkt vor der Haustür. Doch der Spuk des Krieges war im Mai 1945 vorbei. Lauchhammer war trotz Kapitulation zur Plünderung freigegeben.
Die Kommandantur befand sich in der Bäckerei Gühne heute Anders Es gab viele traurige Zwischenfälle die durch die Rote Armee hervorgerufen wurden. Es wurden auch unschuldige Bürger erschossen oder ermordet. Es gab auch zahlreiche Selbstmorde.
Mit der Zeit beruhigte sich aber die angespannte Situation und Paul Schuster bekam ein neues Rad aber ohne Luft sein altes mit Luft ging in Freundeshand. Der Tausch erfolgte 1:1.
Nach dem bösen Krieg wurde die Fahrrad-Reparatur der vorrangige Erwerb. Es war eine schwere Zeit sein täglich Brot zu verdienen. Es gab öfters gute Worte anstatt Lohn. Es wurden Zulieferer gesucht .Ersatzteile aus Dresden Doberlug und Hohenleipisch wurden teilweise mit dem Rad heran geschafft. Alte Speichen wurden gesammelt und vernickelt und wieder verwendet. Die Not machte eben erfinderisch. Eine seiner Töchter lernte den gerade aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrenden U-Bootmaaten Karl Gärtner kennen .Er hatte den Seekrieg auf U-509 und U-518 Überlebt .Der Lohn des Vaterlandes war auch ein Kreuz erster und zweiter Klasse. Beim Tanz in den Mai funkte es und es wurde bald geheiratet.1949 war der Nachwuchs da, ein Junge.
Karl Gärtner 1920-1977
Karl Gärtner fand eine Arbeit im BFG –Lauchhammerwerk in der Gütekontrolle einen Arbeitsplatz .Es wurde in der jungen DDR viel gebaut und auch so in Lauchhammer.
Die Kokerei wurde aufgebaut. In diesem Betrieb fand auch gleich eine ordentliche Arbeit in der Wasserwirtschaft Aber auch in den anderen Gewerken wurden Sachkundige gesucht. Er bekam das Angebot als Diesellokschlosser in der Instandhaltung zu arbeiten. Damit kannte sich mein Vater recht gut aus .Auf einem U-Boot war er Maschinen-Maat. Er musste sich da um andere Brocken kümmern. Auf solchen Booten waren zwei MAN Motoren M9V 40/4 als Dieselmotoren. Letzter Arbeitsplatz war in der Feinmechanik Kokerei. Bei der Freiwilligen Betriebsfeuerwehr war mein Vater über viele Jahre Wehrleiter.
Mit der Mitgliedschaft in der Freiwilligen Betriebsfeuerwehr begann eine neue Verantwortungsvolle Zeit. Aber auch bei der Feuerwehr von Mückenberg war mein Vater aktives Mitglied . Karneval wurde auch in Lauchhammer-West gefeiert .Also musste ein Prinz her. Es war Karl der erste Prinz von Mückenberg. Zuhause wurden unterdessen Dienstfahrräder der Kokerei, Markscheiderei, und Brikettfabriken repariert .Die Zulieferer war die ELG-Senftenberg .Die Ersatzteile wurden unter schwersten Bedingungen von meiner Mutter mit dem Zug nach Lauchhammer transportiert.
Aber auch in der Werkstatt Paul Schusters wurden viele kleine Reparaturen mit durchgeführt.
Auch der Kleene war bei Opa Paul gerne in der Werkstatt. Es mussten Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben sortiert werden. Alles wurde aufgehoben weil es nichts gab und Neuware war sehr teuer. So lernte ich schon ziemlich zeitig Gewindeschneiden, Bohren und alte Schläuche zu flicken. So hatte mancher Schlauch schon mal neun Leben. Bereifung wurde Vulkanisiert und wieder weiter verwendet. Es wurden in der Werkstatt nun auch weiterhin Dienstfahrräder der Kokerei, Markscheiderei und Brikettfabriken repariert. Es war eine lukrative Möglichkeit seiner Lebensstandart zu verbessern ohne Millionär zu werden . Auch der Kleine war gern in der Werkstatt gesehen. Die Zeit verging und die Konfirmation und Jugendweihe warfen ihre Schatten voraus. Mit 13 Jahren musste ich unter Anleitung vom Opa ein Rad zusammenbauen. Rahmen entrosten, grundieren, lackieren .Es war grün. Ich habe die Farbe selbst ausgesucht. Alle anderen Teile allesamt aus gebrauchtem Material.
Zur Konfirmation bekam ich von Oma und Opa ein grünes Rad. Es fuhr verhältnismäßig gut, wurde aber nach drei Jahren gestohlen.
Aus gesundheitlichen Gründen übergab Paul Schuster die Werkstatt an seinen Schwiegersohn Karl Gärtner. Im Jahr 1968 trat ich meinen Dienst bei der Volksarmee an. In diesem Jahr verstarb mein Opa. Der Werkstattbetrieb ging weiter und der Vertrag mit dem BKK war weiterhin gültig und das Geschäft ging gut.
Das Jahr 1977 endete damit dass mein Vater nach einer schweren Herzerkrankung verstarb. Dieses wäre nicht geschehen wenn es die richtigen Medikamente in der DDR gegeben hätte. Ich musste meinem Vater versprechen auf Mutter aufzupassen und die Werkstatt weiter zu machen.
Horst Gärtner seit Januar 1978
Es stand nun die Frage – weitermachen ODER? Also begann ich 1978 das gleiche zu tun was mein Opa und mein Vater gemacht haben -Fahrradreparaturen. Das geschah aber nach der Arbeitszeit. Sport wurde auch noch seit 1956 getrieben. ( Feldhockey) Unser Trainer war Fritze Dietrich. Das bedeutete dass die Freizeit ziemlich knapp war und dazu kam das zum Wochenende Punktspiele waren.
Danach fragte aber die Kundschaft nicht. Die Kunden, meist ältere Leutchen kamen und waren mit der Dienstleistung zufrieden .Es gab auch hin und wieder ein Glas Jagdwurst oder Leberwurst aus Tettau oder Schraden. Der Kundenkreis hatte sich erweitert bis nach Lampe (Lampertswalde). Es wurden weiterhin Dienstfahrräder für das Magazin Kokerei und die Brikettfabrik 69 repariert. Der Vertrag mit dem BVL war noch immer gültig. Auch einen Vertrag mit den Elite- Diamantwerken in Karl- Marx-Stadt über Garantie Reparaturen gab es. Es wurde auch eine Familie gegründet .Frau Regina aus Frauendorf und dazu kamen zwei Mädchen Silke und Doreen .Es ging immer noch alles seinen “soz. Gang“.
Nach meinem Wehrdienst bei den Grenztruppen, eigentlich bin ich froh das es nun keine Kreuze mehr gab- man hätte jetzt nur ärger damit ,arbeitete ich auch in der Kokerei zuerst Schweißer und später als Mechaniker für BMSR Außenanlagen bis 1989.Danach wechselte ich meinen Arbeitsplatz da meine Gesundheit durch einen Unfall mit Lösungsmitteln ziemlich angekratzt war und ich ging nach Lauchhammer-Süd in die Konsumgüterproduktion. Das war ein Wechsel vom Regen in die Traufe, denn die Politische Wende brachte auch das Ende dieser Produktionsstätte. Es kam zur Kurzarbeit und ersten Betriebsbedingten Kündigungen. Das Ende der Braunkohle in Lauchhammer begann.
Aber eines Tages, wenn alles wieder in Vergessenheit geraten ist, wird Lauchhammer wieder ein Braunkohlestandort so wie er mal war. Als alles den Bach herunter ging wurde die Idee geboren den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Ein Laden mit Werkstatt musste her. Die Werkstatt in der bisher die Reparaturen durchgeführt wurden bedurfte einer völligen Sanierung. Die arbeiten in der Werkstatt wurden im zweiten Arbeitsverhältnis durchgeführt.
Es bedurfte aber einer Genehmigung des Arbeitsgebers um diese Arbeiten durchzuführen. Die Kundschaft kam weiterhin. Aber so einfach ging das aber nicht. Wir benötigten eine Gewerbeerlaubnis von der Stadtverwaltung.
Es waren taube Ohren und blinde Augen denen wir gegenüber standen. Es gab kein Verständnis von dieser Seite. Mit Hilfe eines Geschäftsmannes von Mückenberg und nach mehren Anträgen auf Gewerbeerlaubnis bekamen wir dann auch diese.
Mein Freund Steffen Schmitke war der erste der von unserer Unternehmung erfuhr. Er war Maurer in der Kokerei. Bauingenieur Gerhard Hochhäuser machte die Bauzeichnung . Aber so einfach war das nun auch wieder nicht. Es wollten auch Beamten aus Senftenberg gefragt werden. Den Namen K. werde ich wohl nicht gleich vergessen . Er kostete unsere Unwissenheit völlig mit einer gewissen Arroganz aus. Aber auch dieses wurde überstanden.
Die Baugenehmigung war da und die Zusage unserer Nachbarn lag vor. Es konnte also losgehen. Ein Kaninchenstall musste abgerissen werden um eine gewisse Baufreiheit zu haben. Der Bau ging gut voran .Steffen hatte in der Kokerei Kurzarbeit und so gelang es uns den Bau Stück für Stück zu errichten .Es gab damals sogar noch viele Freunde die beispiellos halfen unser Werk zu vollenden. Manfred Pöhlchen sorgte für die Stromversorgung und Volker Dotzauer war für Putz und Maurerarbeiten zuständig. Mein Onkel, Gerhard Monse sorgte dafür das man auch später mal telefonieren und einen Computer benutzen kann.
Dann war es soweit. Das Jahr 1991 wurde das Jahr des Fahrradhandels. Ein Großhandel wurde gefunden, gleich um die Ecke in Finsterwalde. Von diesem gab es auch die Erstausstattung mit Ersatzteilen und Fahrrädern. Die Firma Kessel aus Finsterwalde half uns auch bei den großen und kleinen Startschwierigkeiten. Die ersten Räder die verkauft wurden waren von Enik, Diamant, Mifa, Biria und Schauff. Das Fahrradgeschäft Fuchs in Ost wurde altershalber geschlossen und das Fahrzeughaus in Mitte wegen der angespannten marktwirtschaftlichen Situation geschlossen.
Es war nicht so einfach einen solchen Ansturm ausgesetzt zu sein. Wenige Monate später eröffnete Frau Doleschal ein ähnliches Geschäft. Sie war die letzte Verkaufsstellenleiterin des Fahrzeughauses in Mitte. Später wurde in der Neustadt 1 das Fahrradhaus Pötschke eröffnet und ein gewisses Gleichgewicht wurde wiederhergestellt .Viel später zog das Geschäft nach Mitte auf den Markt in das ehemalige Polizeirevier. Es bestand ein freundschaftliches Verhältnis mit der Werkstatt des Geschäftes.
1999 - das Jahr der Umgestaltung
Der Hof wurde neu gestaltet und im Jahr 2000 die alte Werkstatt und das dazugehörige Gebäude abgerissen. Auf der Fläche wurde eine Garage errichtet und die ehemalige Garage als Werkstatt umgebaut .Eine alte Redewendung besagt, wer eine Kohle findet- hat Glück.
Sie wurde bei den Bauarbeiten gefunden .Sie war über 100 Jahre alt und sehr gut erhalten.
Da sie im Revier keiner haben wollte erfuhr Peter Hecking davon und sie ging nach den Westen. Er steht mit der größten Kohlesammlung im Guinnessbuch der Rekorde. Der Geist der Kohle blieb aber in Lauchhammer. Durch strenge Planung und immer auf der Suche nach neuen Ideen und durch gute Partnerschaft mit den Handelsunternehmen Kessel, Hartje, Simika, HTB; Heinz Fingerhut, Mifa, Sachsenzweirad, Enik, Schauff, Conti, Schwalbe und vielen anderen mehr ist es uns gelungen eine Zeit mit Höhen und Tiefen, mit Niederlagen und Erfolgen, mit guten und schlechten Zeitgenossen zu überstehen. Mit neuen Strategien und Ideen waren wir weiterhin für unsere Kunden da. Für das entgegengebrachte Vertrauen möchten wir uns recht herzlich bedanken.
Ein besonderer Dank an die Besatzung des Großhandels in Finsterwalde der Fa. Kessel und den freundlichen Mitarbeitern, die immer einen Weg fanden; wenn es auch mal nicht so gut war- na man kann sich bestimmt schon denken was ich meine.
Vielen Dank Mutter & vielen Dank meiner Frau Regina.
Ex oriente lux

Regina und Horst Gärtner im August 2011